Von Benedikt Bögle

Zwei Kunstmärchen von E.T.A. Hoffmann wurden im Verlag Herder nacherzählt und in einem sehr gelungen kleinen Band veröffentlich: Das erste Märchen – „Die Königsbraut“ – entführt den Leser in ein magisches Reich: Ein Gemüsekönig, ein kleiner, hässlicher Gnom, hat sich ein junges Mädchen als Braut ausersehen; er täuscht das Mädchen über seine wahre Identität, tyrannisiert aber in Wahrheit sie und ihren Vater. Während die junge Frau zunächst denkt, eine herrliche Königin zu werden, nähert sie sich schon äußerlich immer mehr dem kleinen Gnom an, verliert immer mehr an Schönheit. Der Vater, der als eine Art Magier oder Zauberer erscheint, nimmt schließlich den Kampf mit dem Gemüsegnom auf und wirft letztlich ihn und seine Gemüsesoldaten aus seinem Haus.
Das zweite Märchen – „Das fremde Kind“ – hat ähnliche Züge: Zwei Geschwister spielen gerne im Wald und treffen dort auf ein „fremdes Kind“, ein feenartiges Wesen, das vor Licht glänzt. Eines Tages wird ihnen ein sehr unsympathischer Hauslehrer geschickt – der sich just am Ende ebenfalls als Gnom herausstellt, der sich lediglich verkleidet hat. Das fremde Kind wird zu einem lebenslangen Begleiter der beiden Geschwister. Auch hier siegt letztlich das Licht über die dunklen Gestalten.
Die beiden Märchen wurden von Sophie Reyer nacherzählt. Begleitet sind die Erzählungen von sehr schönen, dezenten Zeichnungen von Poul Dohle. Nora Gomringer hat das Vorwort zu dem kleinen Band besorgt. Über die Märchen schreibt sie: „Es gibt an Liebe keinen Mangel und auch nicht an Exzentrik“ – wie wahr! Ein sehr schöner Band.
E.T.A. Hoffmann: Die Königsbraut / Das fremde Kind. Erzählt von Sophie Reyer, illustriert von Poul Dohle
Herder 2022, 109 Seiten, EUR 16
Copyright des Bildes: Herder