Lehren aus Corona

Von Benedikt Bögle

Copyright: C.H. Beck

Die Corona-Pandemie hat Schwächen des deutschen Staates offengelegt. Die Bevölkerung musste erleben, wie der föderale Staat es plötzlich bedingte, dass die Regelungen an den innerdeutschen Landesgrenzen teilweise erheblich variierten. Die Bedingungen für die Lockdowns waren bisweilen unübersichtlich. In den Schulen waren lange und sind noch immer Luftfiltersysteme Mangelware. Was also hat Deutschland aus der Pandemie zu lernen? Dieser Frage geht der Wirtschaftswissenschaftler Moritz Schularick in seinem bei C.H. Beck erschienenen Buch nach: „Der entzauberte Staat. Was Deutschland aus der Pandemie lernen muss“. Wen würde es wundern: Der Autor denkt vor allem aus der volkswirtschaftlichen Perspektive heraus. Besonders eindringlich bleibt das Plädoyer, der Staat hätte mehr investieren müssen. Warum etwa, fragt der Autor, hat der Staat nicht Biontech unterstützt, um mehr Impfdosen in kürzerer Zeit produzieren zu können? Bei wirtschaftlicher Betrachtung hätte das die Lockdowns verkürzen können, die dem deutschen Staat mehr kosteten als es eine Investition in das Pharmaunternehmen je hätte.

Woran lag das Zögern? Nicht am Geld, befindet Schularick. „Es war der Gang ins Ungewisse, vor dem das Ministerium zurückschreckte. Es fehlte die Bereitschaft proaktiv Risiken einzugehen, die letztlich zu mehr Sicherheit geführt hätten.“ (S. 123). Der vorliegende Band wird so auch zu einem Plädoyer für mehr wirtschaftlichen Wagemut. In den kommenden Monaten und Jahren muss Deutschland zwingend aus der Pandemie lernen. Das wird ganz unterschiedliche Bereiche betreffen. Verfassungsrechtler werden sich die Frage stellen müssen, wie in Zukunft der Bundestag zusammentreten kann, wenn es – wie in der Pandemie – unmöglich ist, alle Parlamentarier in einem Raum zu versammeln. Gesundheitsexperten werden über die Zukunft deutscher Gesundheitsämter befinden müssen, ebenso über den Zustand der Intensivstationen. Doch auch wirtschaftspolitische Fragen müssen angegangen werden. Schularick mahnt: „Es ist erneut an der Zeit für einen Ruck in Deutschland. Es gibt keinen Grund zu trödeln. Die Einsichten aus dem letzten Jahr sind noch frisch: Die Pandemie hat der Gesellschaft einen Spiegel vorgehalten. Wir waren alle Teil eines gesellschaftlichen Großversuchs und haben mit eigenen Augen gesehen, wo die Probleme liegen.“ (S. 121).

Moritz Schularick: Der entzauberte Staat. Was Deutschland aus der Pandemie lernen muss
C.H. Beck 2021, 140 Seiten, EUR 14

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