Von Benedikt Bögle
Als in Boston ein kleines Mädchen entführt wird, werden die beiden Privatdetektive Patrick Kenzie und Angela Gennaro um Hilfe gebeten: Die kleine Amanda verschwand aus der Wohnung ihrer Mutter, als diese bei einer Nachbarin war. Schnell stellt sich heraus: Die Mutter kümmert sich wenig um ihre Tochter, ist mit Amanda überfordert. Von Anfang an gibt es kaum eine Spur, die auf den oder die Entführer hindeuten könnten. Kenzie und Gennaro arbeiten sich in den Fall ein und beginnen bald, mit dem beiden ermittelnden Polizisten zusammenzuarbeiten. Eine erste Spur ergibt sich: Womöglich hat Amandas Mutter einen Drogenboss um Geld betrogen. Ist Amanda vielleicht ein Druckmittel auf die Mutter, das Geld zurückzuzahlen? Der Fall scheint beinahe gelöst; doch dann platzt die Übergabe des Lösegeldes. Amanda bleibt verschwunden. Monate später überschlagen sich die Ereignisse. Patrick Kenzie und Angela Gennaro müssen bitter lernen, wem sie vertrauen dürfen – und wem nicht.
Dennis Lehane hat mit „Gone Baby Gone“ einen spannenden Plot geschaffen. Die Entwicklungen überschagen sich am Ende und offenbaren eine völlig unerwartete Lösung des Falles. Gleichzeitig überzeugt Lehane mit einer gewissen Portion Humor, ohne dabei die Ernsthaftigkeit seines Themas zu relativieren. Der Autor lässt seinen Leser mit einem Fragezeichen zurück. Bei aller Schilderung von Missbrauch an Kindern stellt sich die Frage: Was ist recht, was ist gerecht? Lehane geht der schwierigen Thematik nicht aus dem Weg – und gerade das kann überzeugen. Gleichzeitig ist der Roman an vielen Stellen zu langatmig geraten; man muss sich gerade im zweien Drittel durch das Buch kämpfen.
Dennis Lehane: Gone Baby Gone
Diogenes 2020, 571 Seiten, EUR 17