Von Benedikt Bögle

Lorina hat es nich leicht in ihrem Leben: Sie ist nicht gerade mit Schönheit gesegnet – und ihre Familie lässt sie das auch immer wieder wissen. Als Altenpflegerin schlägt sie sich einigermaßen durchs Leben, bis ein Angebot ihr Leben verändert: Sie soll bei der schon älteren Frau Alsfelder einziehen, sich um die halbseitig gelähmte Dame kümmern und ihr den Haushalt führen. Als Gegenzug dazu darf sie neben ihrem Lohn mit freier Kost und Logis rechnen. Ihr Leben entwickelt sich und bald schon kann Lorina eine erste Romanze mit dem Masseur der alten Dame beginnen – der nur sieht in ihr keine wirkliche Geliebte, behandelt sie schlecht und muss seine Fehltritte letztlich mit dem Leben bezahlen. Lorina, schuld am Tod ihres Liebhabers, steckt die von ihr begangene Straftat ganz gut weg und beginnt sich schon für den nächsten Masseur im Hause ihrer Arbeitgeberin zu interessieren. Das Leben könnte so schön sein – wäre dann nicht plötzlich das Kind von Lorinas Schwester und der erbschleicherische Neffe von Frau Alsfelder.
Ingrid Noll hat mit „Kein Feuer kann brennen so heiß“ einen spannenden Roman geschaffen, der weniger Krimi, mehr Porträt ist. Sie zeichnet mit besonderer Feinfühligkeit das Schicksal der jungen Lorina nach und zeigt, welche Verwundungen Menschen mit sich tragen. Immer wieder wird die von ihr gezeichnete, gerade beginnende Idylle zerstört. Subtil begleitet die Frage nach Schuld und Verantwortung diesen Text – immer wieder, nicht moralisierend, vielmehr nachdenklich. Sehr lesenswert!
Ingrid Noll: Kein Feuer kann brennen so heiß
Diogenes 2021, 293 Seiten, EUR 24