Von Benedikt Bögle

Jeanne d’Arc oder Johanna von Orleans – die junge Frau aus dem 15. Jahrhundert ist bist heute eine Ikone. Im Hundertjährigen Krieg versprach sie dem französischen König, die Belagerung der Stadt Orleans durch englische Truppen zu beenden und ihm selbst die Salbung und Krönung zum König in Reims zu ermöglichen. Die Frau aus dem Osten Frankreichs trat mit dem Anspruch auf, von Gott selbst gesandt zu sein: Sie wurde geleitet von Stimmen der heiligen Katharina und der heiligen Margaret. Und tatsächlich: Unter ihrer Führung wurde die Stadt Orleans befreit und der König konnte tatsächlich gesalbt und gekrönt werden. Doch die weitere Geschichte entwickelt sich zum Drama: Johanna wird von gegnerischen Truppen festgesetzt und in Rouen wird ihr der Prozess gemacht. 1431 beginnt der Inquisitionsprozess, der ihr zum Vorwurf macht, in Wahrheit eben nicht von Gott gesandt zu sein, sondern vielmehr einem wiedergöttlichem Auftrag zu folgen, gar eine Hexe zu sein. Am 30. Mai 1431 schließlich wird Jeanne d’Arc in Rouen hingerichtet, zwanzig Jahre später aber erfolgt ihre Rehabilitation, in der katholischen Kirche wird sie als Heilige verehrt.
Licht in die Geschichte der Jungfrau von Orleans bringt nun der Historiker Gerd Krumeich: „Jeanne d’Arc. Seherin, Kriegerin, Heilige. Eine Biographie“ ist bei C.H. Beck erschienen. Der Autor rollt das Leben der Johanna konsequent anhand von Quellen auf. All seine Ausführungen sind mit teilweise langen Quellen-Zitaten belegt, die den Leser näher an das Denken und Schreiben des 15. Jahrhunderts führen. Krumeichs Biographie zeichnet sich vor allem dadurch aus, keine vorschnellen Antworten zu geben. So macht er etwa deutlich, dass ein historisch zu verantwortendes Urteil über die Herkunft jener von Jeanne d’Arc gehörten Stimmen heute nicht mehr möglich ist. Vielmehr bettet Krumeich die Geschichte der Jungfrau in ihren größeren politischen, aber gerade mit Blick auf das Inquisitionsverfahren auch theologischen Zusammenhang. Entstanden ist so eine sehr lesenswerte Biographie, die nur empfohlen werden kann.
Gerd Krumeich: Jeanne d’Arc. Seherin, Kriegerin, Heilige. Eine Biographie
C.H. Beck 2021, 399 Seiten, EUR 28