Von Benedikt Bögle

Die Corona-Pandemie fordert nicht nur Virologie und Medizin: Das breite Bündel an Maßnahmen fordert auch die Wirtschaftswissenschaften, ethische Disziplinen, Pädagogik und viele weitere wissenschaftliche Forschungszweige. So auch die Philosophie: „In der gegenwärtigen Krise hat sich schnell gezeigt, dass der angemessene Umgang mit der pandemischen Katastrophe nicht allein den Virologen und Epidemiologen überlassen werden kann“, schreiben die beiden Philosophen Nikil Mukerji und Adriano Mannino. Von ihnen ist bei Reclam in der Reihe „Was bedeutet das alles?“ erschienen: „Covid-19: Was in der Krise zählt. Über Philosophie in Echtzeit“. Besonders spannend ist die Frage nach einer Philosophie in Echtzeit.
Die beiden Autoren zeigen, dass philosophische Fragen – üblicherweise eher auf einen langen Diskurs angelegt – in der Krise zu tagesaktuellen Problemen werden. Wer beatmet werden soll und wer nicht, kann nicht erst in einigen Jahren diskutiert oder geklärt werden; die Antwort muss heute gegeben werden: „In bestimmten Bereichen sind also wohl oder übel philosophische Fragen zu beantworten, weil Handlungsentscheidungen vor einem bestimmten Zeitpunkt getroffen werden müssen. Das gilt auch für den Fall von Covid-19.“ Die beiden Philosophen stellen nun zwei wesentliche Fragen: „War die Katastrophe vorhersehbar? Die Katastrophe ist da – was nun?“ In einem letzten Kapitel versuchen sie sodann, Ausblicke zu geben. Dieser Band zeigt, wie wichtig philosophische Reflexion ist – in dieser Krise, aber auch darüber hinaus. Er darf sicherlich auch als Beitrag zu einer Reflexion über die Verbindung wissenschaftlicher Disziplinen verstanden werden. Sehr lesenswert!
Nikil Mukerji / Adriano Mannino: Covid-19: Was in der Krise zählt. Über Philosophie in Echtzeit
Reclam 2020, 120 Seiten, EUR 6