Von Benedikt Bögle
Vier Menschen bekommen einen Brief, in dem sie des Mordes an einem gewissen Barnabas Pandy bezichtigt und aufgefordert werden, sich bei der Polizei zu stellen. Unterzeichnet ist der Brief vom Meisterdetektiv Hercule Poirot – der aber kennt weder das vermeintliche Mordopfer noch die vier Adressaten der Briefe, die der belgische Detektiv selbst nicht unterzeichnet hat. Was soll dieses seltsame Spiel? Tatsächlich verstarb mehrere Wochen zuvor ein gewisser Barnabas Pandy. Der alte Mann starb in seiner Badewanne, auf einen Mord wies nichts hin. Das alles stellt Hercule Poirot vor mehrere Rätsel: Wurde Barnabas Pandy das Opfer eines Mordes? Wieso aber weist der anonyme Briefeschreiber Poirot dann nicht einfach auf das unentdeckte Verbrechen hin, sondern fingiert vier Briefe des Detektivs? Geht es dem Autor einfach nur darum, seine wahre Identität zu verschleiern oder möglichst viel Aufmerksamkeit zu erlangen? Und am wichtigsten: In welchem Zusammenhang stehen die vier Empfänger der Briefe?

Unterstützt wird Hercule Poirot bei seinen Ermittlungen von einem Polizeibeamten und dem Vater eines der Mordverdächtigen. Zu dritt gehen sie verschiedene Möglichkeiten durch – bis Poirot am Ende natürlich den Fall meisterhaft löst. Autorin dieses Bandes ist nicht Agatha Christie selbst, vielmehr entstand dieser Roman erst im Jahr 2018 und wurde von Sophie Hannah verfasst. Die Autorin schafft es tatsächlich, den Stil Christies meisterhaft zu imitieren. Der Hang zu verworrenen Familiengeschichten, zu einem möglichst unblutigen und undurchschaubaren Mord, die völlig überraschende Lösung am Ende des Falles – all das weist direkt auf Agatha Christie selbst hin. Hier ist ein durchaus packender Roman entstanden, der – anders könnte es gar nicht sein – bis zuletzt überraschen kann.
Sophie Hanna / Agatha Christie: Das Geheimnis der vier Briefe
Atlantik 2020, 365 Seiten, EUR 12