Von Benedikt Bögle
Allgemein gilt das vierte Evangelium als das „theologischste“: Johannes legt etwa eine dezidierte Christologie vor und beginnt sein Evangelium mit einer Art philosophisch geprägter Vorrede zur folgenden frohen Botschaft. Deshalb ist der Leser des Evangeliums immer wieder auch auf theologische Hilfe angewiesen, die hilft, die Schrift zu entschlüsseln und das Verständnis zu vertiefen. Eine solche Hilfe bietet der Jesuit Johannes Beutler. Sein Kommentar zum Johannesevangelium ist bei Herder erschienen.

Am Beginn des Kommentars steht eine klassische Einleitung in das Evangelium: Wer hat es verfasst? Und wann? Wie ist das Evangelium aufgebaut? Dabei ist das Johannesevangelium für Beutler nicht nur ein historisch zu behandelnder Text; Beutler ist vielmehr von der Aktualität des Evangeliums überzeugt, wenn er schreibt: „Die gegenwärtige Epoche ist gekennzeichnet von einem rapiden Verfall der Plausibilität der christlichen Botschaft, vor allem in den westlichen Industrienationen. Wer neu oder vertieft Zugang zum Glauben sucht, möchte ihn nicht als ein System von weitgehend untereinander unabhängigen Lehrsätzen, sondern als eine einfache Botschaft erleben, die man in einem Grund-Satz zusammenfassen, annehmen und umsetzen kann. Das Vierte Evangelium entspricht in hohem Maße diesem Bedürfnis.“
Der Autor wählt dabei eine klassische Reihenfolge bei der Kommentierung der einzelnen Abschnitte. Am Anfang steht eine Arbeitsübersetzung. Es folgt eine erste kurze Einführung und Einordnung des Textes in seinen Kontext, bevor Beutler in eine detaillierte Auslegung der Bibelstelle einsteigt. Einzelne Verse werden entweder für sich oder in Gruppen zu wenigen Versen zusammengelegt erläutert. Schließlich führt der Autor seine Gedanken zusammen und versucht, die Aussage der Schrift zu aktualisieren, ins Heute zu übersetzen.
Johannes Beutler: Das Johannesevangelium. Kommentar
Herder, 2. Aufl. 2016, 576 Seiten, EUR 75