Von Benedikt Bögle
Märchen haben eine ungebrochene Anziehungskraft. Noch nach Jahrhunderten können wir die Märchen der Gebrüder Grimm etwa mit der gleichen Begeisterung lesen, wie dies die ersten Leserinnen und Leser der Sammlung tun konnten. Märchen bringen allgemeine menschliche Erfahrungen zum Ausdruck: Sie existieren unabhängig von einer bestimmten Zeit und einem bestimmten Ort. Etwa das Märchen von Hänsel und Gretel: ganz grundsätzlich trifft es eine menschliche Beobachtung. Eltern verarmen und in ihrer Armut treffen sie die unter jedem moralischen Standpunkt zu verurteilende Entscheidung, ihre Kinder auszusetzen und dem eigenen Schicksal zu überlassen. Diese Erzählung könnte ebenso in den USA wie in Frankreich, in Russland und in Deutschland spielen. Sie könnte vor mehr als tausend Jahren geschehen sein oder auch gestern.

Jedem Freund der Märchen sei nun eine Ausgabe des Reclamverlags empfohlen: „Reclams Märchenschatz“ aus dem Jahr 2019 besteht aus vier Bänden und bietet Märchen von den Gebrüdern Grimm, Hans Christian Andersen, Wilhelm Hauff und Ludwig Bechstein. Die Sammlung ist einfach gestaltet – was ihr und dem Leser sehr entgegenkommt. Der Leser kann tatsächlich in einem scheinbar grenzenlosen Schatz kürzerer wie längerer Märchen schmökern. Ein Erlebnis für Alt und Jung.
Reclams Märchenschatz
Reclam 2019, 1696 Seiten, EUR 34