Von Benedikt Bögle
Die beiden Briefe an die Thessaloniker aus dem Neuen Testament stellen einen spannenden Bereich biblischer Wissenschaft dar. Während sich im Ersten Brief an die Thessaloniker eine starke Erwartung der baldigen Wiederkunft Christi findet, drängt der zweite Brief eine solche Erwartung geradezu zurück. Während sich die Wissenschaft einigermaßen sicher ist, der erste Brief stamme vom Apostel Paulus, ist sie sich beim zweiten Brief sehr sicher, er sei nicht vom Völkerapostel selbst verfasst. Wer eine vertiefte Beschäftigung mit den beiden Briefen des Neuen Testaments wünscht, kann sich an zwei Kommentare von Rudolf Hoppe halten: „Der Erste Thessalonikerbrief“ und „Der zweite Thessalonikerbrief“ sind bei Herder erschienen.

Rudolf Hoppe ist Priester und emeritierter Professor für Exegese des Neuen Testaments an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Seinem ersten Band stellt er nach bibliographischen Hinweisen eine Einleitung voraus. Hier beantwortet er klassische Einleitungfragen, nimmt aber auch die Stadt Thessaloniki in den Blick – ihre Kultur, ihre Religion, ihre Geschichte. Natürlich geht es auch um die Adressaten des Briefes oder den Aufbau. Autor des Briefes ist, so sieht Hoppe es deutlich, Paulus: „Weder sprachliche noch theologische Argumente oder mangelnde persönliche Angaben wie Grüße an bestimmte Gemeindemitglieder können gegen die Authentizität geltend gemacht werden.“
Die Auslegung des Briefes folgt in einzelnen Abschnitten, ihrem Sinn entsprechend zusammengefasst. So beschäftigt sich die erste Besprechung allein mit 1 Thess 1,1 – dem Präskript – , spätere Auslegungen dann mit längeren Abschnitten. Beginnt die Besprechung eines neuen Verses, ist dieser – der Übersichtlichkeit sehr dienend – am Rand vermerkt. Anders als dies bei anderen Kommentaren der Fall ist, trennt der Autor nicht streng zwischen Fragen nach dem Textbefund, Aufbaufragen und inhaltlichen Anmerkungen. Entstanden ist so eine gut lesbare Auslegung des biblischen Textes, ergänzt zwar nicht um ein Sachregister, dafür aber um ein mehr als ausführliches Stellenregister.

Gleiches lässt sich auch für den Kommentar zum Zweiten Thessalonikerbrief sagen. Hier steht natürlich im einleitenden Abschnitt die Autorenschaft des Paulus mehr im Mittelpunkt und tatsächlich kommt ja auch Hoppe zu dem Schluss: „Aus den genannten Gründen wird 2 Thess als ein nicht von Paulus selbst, sondern von einem uns unbekannten Autor, der der Paulus-Tradition zuzuordnen ist und besonders mit 1 Thess vertraut war und diesen literarisch als Vorlage benutzt, verfasstes Schreiben ausgelegt.“ Auch dies: Ein überzeugender Kommentar.
Rudolf Hoppe: Der erste Thessalonikerbrief. Kommentar
Herder 2016, 365 Seiten, EUR 39,99
Rudolf Hoppe: Der zweite Thessalonikerbrief. Kommentar
Herder 2019, 248 Seiten, EUR 35