Von Benedikt Bögle
Gustav Meyrink hat seine Blütezeit längst überschritten. Nach dem großen Erfolg seines Romanes „Golem“ kann er sich ein großzügiges Leben am Starnberger See leisten, weiß aber auch, dass es nicht mehr lange so weitergehen kann. Gegen Ende des Ersten Weltkrieges erreicht ihn da eine Anfrage, die gerade gelegen kommt: Er soll im Auftrag des Außenministeriums einen Roman schreiben, der zeigt, wer wirklich am Krieg schuld war. Die Österreicher sollen es nicht sein, die Deutsche natürlich noch viel weniger – stattdessen: Die Freimaurer. Große Begeisterung kann Meyrink für seine Auftragsarbeit nicht aufbringen, verschmähen kann er aber den lukrativen Auftrag auch nicht.

Diese Geschichte erzählt der Autor Christoph Poschenrieder in seinem neuen Roman: „Der unsichtbare Roman“ ist bei Diogenes erschienen. Der unwirklich anmutenden Geschichte liegen tatsächlich historische Begebenheiten zugrunde. Immer wieder unterbricht der Autor den reinen Roman und bringt Informationen zur historischen Recherche. Spannend erzählt Poschenrieder aus einer Zeit, in der sich die Revolution langsam Bahn bricht und am Ende tatsächlich in München der Freistaat ausgerufen wird. Phantastisch und realistisch, packend und bis zur letzten Seite letztlich offen: Poschenrieder hat einen hervorragenden Roman vorgelegt.
Christoph Poschenrieder: Der unsichtbare Roman
Diogenes 2019, 271 Seiten, EUR 24