Von Benedikt Bögle
Immer mehr wird die Theologie für das große jüdische Erbe des Christentums sensibel. Jesus und seine Jünger waren Juden. Ein großer Teil der frühen Christen ebenfalls. Schon in den ersten Jahrzehnten wurde dieses Erbe auch zur Herausforderung: Für „Heidenchristen“ stellte sich die Frage, ob sie mit ihrem Bekenntnis zu Jesus als dem Christus auch Juden werden mussten, sich beschneiden lassen und die jüdischen Gebote halten sollten. Natürlich verwundert es nicht, dass so auch die Evangelien durchwoben sind von dieser engen Beziehung zum von Gott auserwählten Volk Israel. Viele Aussagen Jesu können geradezu in einer Linie zu rabbinischer Schriftauslegung gesehen werden.

Eine Reihe, erschienen bei Paulus, geht nun diesen Verknüpfungen nach. „Damit sich die Schrift erfüllt… Die Sonntagsevangelien als jüdische Texte lesen“ ist für alle drei Lesejahre erschienen. Der Band für das Lesejahr A wurde vom Schweizerischen Katholischen Bibelwerk herausgegeben und ist 2016 erschienen. Zu jedem Sonntag wie zu den kirchlichen Hochfesten wird zunächst der Text der jeweiligen Evangelienperikope wiedergegeben und anschließend kommentiert. Die verschiedenen Autoren wählen oft einen lebensweltlichen Einstieg, beinahe einer Predigt vergleichbar. Allen Kommentierung ist gemeinsam, dass sie fragen „was in den Schriften geschrieben steht“. Sie gehen so den jüdischen Bezügen, den Subtexten, den Bezügen zum Ersten Testament nach.
„Damit sich die Schrift erfüllt…“ ist natürlich ein Motiv, das ganz besonders zum Matthäusevangelium passt, das im Lesejahr A im Mittelpunkt der kirchlichen Lesungen steht. Lesenswert ist dazu die Einführung von Hubert Frankenmölle am Beginn des Bandes. Dabei ist ein Satz bedenkenswert, der in der theologischen Tradition der Kirche leider nicht immer für wahr gehalten wurde: „Auch wenn Juden und Christen sich verfehlen, ist an der Treue Gottes zu Israel weder in der Tora (trotz mancher Bundesbrüche durch die Menschen) noch bei den Propheten noch bei Matthäus zu zweifeln; denn: Gott ist und bleibt treu“.
Entstanden ist ein Lesebuch, das hervorragend geeignet ist, sich auf das Sonntagsevangelium vorzubereiten und sich besonders auch die vielfältigen Bezüge zum Alten Testament bewusst zu machen. Ein idealer Band für alle, die sich persönlich oder aber auch in einer Bibelgruppe mit den Texten der Heiligen Schrift auseinandersetzten wollen.
Schweizerisches Katholisches Bibelwerk (Hg.): „Damit sich die Schrift erfüllt…“ Die Sonntagsevangelien als jüdische Texte lesen. Lesejahr A
Paulus 2016, 381 Seiten, EUR 29,90