Finanzderivate: Ein Handbuch

Von Benedikt Bögle

„Im Jahr 7 n.L. (nach Lehman, dh nach der Insolvenz von Lehman Brothers) ist der Handel mit Finanzderivaten weiterhin noch sehr aktiv. Er unterliegt jedoch durchgreifenden Änderungen hinsichtlich der Vertragsdokumentation sowie der Aufsicht- und Bilanzierungsregeln“, schreibt Jean-Claude Zerey im Vorwort zum von ihm herausgegebenen Handbuch: „Finanzderivate. Rechtshandbuch“ ist in vierter Auflage bei Nomos erschienen. Ein neues Phänomen stellt der Handel mit Finanzderivaten dabei nicht dar – um dies zu beweisen zitiert, und das darf wohl zurecht als ebenso ungewöhnlich wie erfreulich erfrischend für ein juristisches Handbuch gelten, der Herausgeber gar eine Stelle aus Aristoteles‘ Politik.

Copyright: Nomos / facultas / Schulthess

Aristoteles berichtet von Thales von Milet. Dieser soll der Legende nach durch astronomische Beobachtungen eine besonders reiche Olivenernte vorausgehen haben. Folglich mietete er sich besonders billig Pressen an. Als die Ernte dann tatsächlich so groß ausfiel wie berechnet, konnte er die Pressen um ein vielfaches weiter vermieten. In der heutigen Finanzwelt dürften Derivategeschäfte eine etwas andere Form angenommen haben. Ulrich Schüwer etwa schreibt in seiner Übersicht zu den Funktionen von Finanzderivaten: „Für Derivategeschäfte gilt, dass die Erfüllung des Geschäftes zu einem vereinbarten Zeitpunkt in der Zukunft stattfindet, sie sind gekennzeichnet durch das Auseinanderfallen von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft. Bei Vertragsschluss muss weder der Käufer die liquiden Mittel noch der Verkäufer die gehandelten Güter besitzen. Derivategeschäfte werden auch als Termingeschäfte bezeichnet.“

Das kann einen Anreiz für Spekulationen bieten – so zeigt Schüwer es etwa für den Tulpenhandel in Holland um 1637: Dort wurden noch vor der unabsehbaren Ernte Tulpenzwiebeln gehandelt – zu vorher festgelegten Preisen. Die Folge: Irgendwann brach die Spekulationsblase zusammen. Die am Beginn des umfangreichen Werkes stehenden Ausführungen zu den Funktionen der Finanzderivaten zeichnen sich durch viele Übersichten aus. Zahlreiche weitere Themen folgen. Der Band bietet nicht nur eine Übersicht über die einzelnen Derivate – Zinsderivate etwa, Kreditderivate oder Währungsderivate. Ebenfalls werden historische Beispiele benannt, Praxisbeispiele geliefert und ausführlich auf das Vertragsrecht eingegangen. Auch öffentlich-rechtliche Aufsichtsfragen werden behandelt.

Ebenfalls bieten die Autoren einen Überblick über ausländische Rechtsordnungen, für Luxemburg, Österreich und die Schweiz. Den Abschluss des Werkes bildet ein Ausflug ins Steuerrecht. Einen umfangreichen Band hat Jean-Claude Zerey hier vorgelegt. Bearbeitet wurde er neben dem Herausgeber von zahlreichen Rechtsanwälten, Professoren und Autoren aus der Banken-Branche.

Jean-Claude Zerey (Hg.): Finanzderivate. Rechtshandbuch
Nomos / facultas / Schulthess, 4. Aufl. 2016, 1100 Seiten, EUR 198

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