Von Benedikt Bögle
Donna Leon ist eine grandiose Schriftstellerin – wie sie auch im siebenundzwanzigsten Roman um den venezianischen Commissario Guido Brunetti unter Beweis stellt: „Heimliche Versuchung“ ist bei Diogenes erschienen. Eine Arbeitskollegin von Paola, Brunettis Frau, taucht beim Kommissar auf. Zögerlich, dann aber doch bestimmt, spricht sie einen beunruhigenden Verdacht aus: Ihr Sohn nimmt Drogen, sie will, dass die Polizei den Dealer findet und dingfest macht. Die Aussichten auf Erfolg, das weiß Brunetti, liegen bei null. Noch bevor er sich näher mit dem Dealer beschäftigen kann, überschlagen sich die Ereignisse: Der Mann von Paolas Arbeitskollegin wird schwer verwundet an einer Brücke aufgefunden. Was zunächst wie ein tragischer Sturz aussieht, erweist sich schnell als Mordanschlag.

Hat der Vater den Dealer seines Sohnes gefunden und ihn zur Rede gestellt? Hat er sich mit einem zu mächtigen Feind angelegt? Brunetti ermittelt und findet bald heraus, wie die Drogen an die Schulkinder gelangen. Nur: Wer steckt dahinter? Die ersten Verdächtigen erweisen sich als Finte.
Donna Leon hat einmal mehr einen großartigen Roman vorgelegt. Das liegt sicherlich an der spannenden Handlungen, mehr aber noch an den wunderbar geschilderten Situationen und Persönlichkeiten. Schreibt Leon über das Essen, das bei Familie Brunetti auf den Tisch kommt, kann man es beinahe riechen. Immer wieder erstaunlich ist die Kombination, die den Menschen Brunetti ausmacht: Auf der Suche nach Gerechtigkeit, gleichzeitig aber ohne Ideale angesichts eines korrupten Staates. Liebhaber antiker Klassiker, gesegnet mit einem mehr als realistischen Blick und praktischer Intelligenz. Ein hervorragender Roman!
Donna Leon: Heimliche Versuchung. Commissario Brunetti siebenundzwanzigster Fall
Diogenes Taschenbuch 2019, 328 Seiten, EUR 13
Copyright des Bildes: Diogenes
Ein Kommentar zu „Donna Leon: Heimliche Versuchung“