Ein Buch mit sieben Siegeln

Von Benedikt Bögle

Als Buch mit sieben Siegeln gilt die Offenbarung des Johannes. Und tatsächlich: Das letzte Buch der Heiligen Schrift wirkt bisweilen dunkel und unverständlich. Die Sprache verschließt sich dem modernen Leser oftmals. Dazu lebt das Buch von vielfältigen Bezügen zum Alten Testament, die den ersten Hörerinnen und Lesern des biblischen Buches noch geläufig gewesen sein dürfte und keiner weiteren Erläuterungen bedurften; wir heute kennen die Texte meist nicht oder sind mit ihnen nicht so vertraut, wie das bei den ursprünglichen Adressaten der Fall gewesen sein dürfte. Umso wichtiger sind Leitfäden und Lesehilfen, die die „Apokalypse“ erschließen und Antworten für offene Fragen anbieten.

Copyright: Herder

Eine solche Lesehilfe hat der Neutestamentler Klaus Berger geschaffen: In zwei Bänden kommentiert er die Offenbarung des Johannes. „Die Apokalypse des Johannes“ ist bei Herder erschienen. Am Beginn steht ein Einleitung in das gesamte Buch. Berger spürt zentralen theologischen Themen nach. So stellt er die klassischen Fragen nach Autor und Entstehungszeit – eine Frage, die er wohl anders beantwortet als das Gros der neutestamentlichen Wissenschaftler, wenn er die Offenbarung als relativ frühen Text, möglicherweise noch vor 70 nach Christus verortet: „Die Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 ist daher nicht vorausgesetzt, insbesondere nicht die des Tempels und Altars. Dagegen liefert Kap. 18 m.E. deutliche Hinweise dafür, dass der Brand Roms im Jahre 68 n.Chr. vorausgesetzt ist.“ In diesem einführenden Abschnitt wird schon eine zentrale theologische Bewertung des Buches offenbar. Erlösung als Befreiung sei die große Aussage der Offenbarung: „Unser Glaube und unsere Hoffnung richten sich auf Erlösung als Befreiung. So beantwortet die Apk die Fragen nach dem Wer, Wo, Wie, Wovon und Wozu, nach den Anteilhabenden und den Gegnern. Das Wann beantwortet sie nur indirekt“, schreibt Berger.

Auf diese Einleitung folgt die Kommentierung der einzelnen Kapitel. Nach einer eigenen Übersetzung bietet Berger einen kurzen Überblick über „das Ganze“, bevor einzelne Szenen ausführlicher kommentiert werden. Sehr hilfreich gestalten sich dabei unterschiedliche Kategorisierungen, die am Rand eine Lesehilfe bieten. Der Leser wird dabei aufmerksam gemacht auf Ausführungen zu Darstellungen in der Kunst, zur hellenistischen Umwelt, zum hellenistischen Judentum, Material aus der Apokalyptik, Ausführungen zur systematischen Theologie oder Liturgie, zu mittelhochdeutschen Predigten und aus dem Bereich der Mystik. Berger hat so einen sehr umfangreichen Kommentar geschaffen, der es gleichzeitig aber auch erlaubt, gezielt auf einzelne Stellen oder Fragestellungen zuzugreifen.

Klaus Berger: Die Apokalypse des Johannes. Kommentar
Herder, 2 Bände, 2017, 1530 Seiten, EUR 128

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