Von Benedikt Bögle
Man fragt sich das ja schon hin und wieder: Wie eigentlich entstehen Geschichten? Wie kommen Schriftsteller auf den entscheidenden Plot, wie entwickeln sie ihre Erzählung? Steht da – plötzlich – eine Idee, die nur noch abgetippt werden möchte? Das dürfte die Ausnahme sein. Einen Einblick in die Regel gibt Petros Markaris: „Tagebuch einer Ewigkeit. Am Set mit Angelopoulos“ ist bei Diogenes erschienen. Markaris ist heute vor allem für seine Kriminalromane bekannt und beliebt, war aber auch Co-Autor für die Drehbücher des Regisseurs Theo Angelopoulos. „Tagebuch einer Ewigkeit“ gibt die lange Entwicklung des Drehbuchs von „Die Ewigkeit und ein Tag“ wieder.

Das Tagebuch des Autors beginnt im März 1996 mit der ersten Idee zum Film und endet zwei Jahre später mit dem Abschluss der Dreharbeiten. Dazwischen liegt die interessante Geschichte einer Geschichte: Am Anfang ist die Idee, schemenhaft. Mehrere Ideen verwachsen zu einer, trennen sich wieder. Langsam kristallisiert sich heraus, wovon der nächste Film des bekannten Regisseurs überhaupt handeln soll – und schon warten weitere Schwierigkeiten. Was soll das Ende sein? Welche Szenen sollen Platz im Film haben, welche müssen weichen? In welcher Reihenfolge sollen sie sich zu einem Ganzen entwickeln?
„Ein Text ist nie zu Ende – das muss jeder Schriftsteller früher oder später einsehen. Du schreibst einen Text, du schreibt ihn neu, und immer wieder findest du etwas, das man noch besser machen könnte. So ergeht es uns auch mit dem Drehbuch“, schreibt Markaris. Immer wieder werden ganze Szenen oder nur einzelne Wörter getauscht, gestrichen, eingefügt. An diesem künstlerischen Schaffensprozess darf der Leser teilhaben – eine spannende Einsicht, die vor allem zeigt, wie kleinteilig und mühsam Kunst sein kann; aber auch wie schön.
Petros Markaris: Tagebuch einer Ewigkeit. Am Set mit Angelopoulos
Diogenes 2019, 285 Seien, EUR 24