Wie soll man Ostern feiern?

Von Benedikt Bögle

Die Feier von Ostern bildet den Höhepunkt des Kirchenjahres: Im „Triduum“, den drei heiligen Tagen, feiern Christen das Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu Christi und damit den Kern ihres christlichen Bekenntnisses. Die Liturgie dieser Tage ist besonders reich: Von der Fußwaschung am Gründonnerstag bis zur Vielzahl an Lesungen in der Osternacht scheren diese Gottesdienste scheinbar aus der Reihe, kennen viele eigene Riten. Damit verbunden ist für die pastorale Praxis immer auch die Frage nach der Machbarkeit. Können alle Riten übernommen werden? Dauert die Liturgie nicht zu lange? Ein hervorragender Sammelband hat sich verschiedener Fragen rund um die Liturgie der Ostertage angenommen: „Oster feiern“, herausgegeben von Benjamin Leven und Martin Stuflesser und erschienen im Pustet-Verlag.

© Pustet

Empirische Befunde

Grundlage der Ausführungen bilden zwei Studien, die 1984 und 2010 im Dekanat Würzburg Innenstadt die liturgische Praxis erfragten: Wird in den Kirchen die Fußwaschung vorgenommen? Werden am Karfreitag die Improperien gesungen? Wie läuft die Osternacht ab? Die Ergebnisse sind höchst interessant: Die Zahl der Osternachtsfeiern mit Taufen etwa nahm nicht nur ab – 2010 wurden in keiner einzigen Feier der Osternacht auch Taufen gefeiert. Die Anzahl der Lesungen in der Osternacht variiert enorm: von nur einer oder zwei Lesungen bis hin zu allen sieben – auch wenn die erste Variante den liturgischen Vorgaben widerspricht.

Gründonnerstag: Fußwaschung oder nicht?

Winfried Haunerland beschäftigt sich in seinem Beitrag zum Band mit der Liturgie der Fußwaschung. Während einige Pfarreien den Ritus gar nicht in die Liturgie übernehmen, ersetzten sie andere durch eine Handwaschung – wohl, weil das Bild einer Fußwaschung in unserem Kulturkreis heute nicht mehr bekannt ist. Haunerland plädiert dafür, diese Waschung nicht als reines Nachspiel der biblischen Ereignisse zu deuten: Ein Akt der Demut und Nächstenliebe sei sie und damit eine Antwort auf das Evangelium selbst. In dieser Linie stehe auch Papst Franziskus, wenn er nicht nur getauften Männern die Füße wasche, sondern auch Frauen und Ungetauften. So wird die Fußwaschung zum Dienst an den „Verlierern der Gesellschaft“.

Karfreitag: Kommunionausteilung ohne Messe?

Der Regensburger Liturgiewissenschaftler Harald Buchinger ergründet in seinem Beitrag die Geschichte der Kommunionspendung am Karfreitag. Klar ist: Die ältesten liturgischen Zeugnisse kennen eine solche nicht. Im Lauf des Mittelalters hat sich die Kommunion dann durchgesetzt. Zunächst kommunizierten nur die Laien, irgendwann dann nur noch die Kleriker. Heute ist die Kommunionausteilung im Messbuch zwar vorgesehen, weithin aber in der Debatte. Buchinger resümiert: „Die Kommunion bleibt jenseits der Feier der Eucharistie mit ihrer Einheit von Darbringung, Danksagung, Brechung und Gabe von einer isolierenden Tendenz geprägt, welche das geheiligte Brot aus dem Zusammenhang von non-verbaler und verbaler Darbringung löst und den Empfang der nur in Ableitung vom gleichnamigen Sprechakt sekundär so genannten Eucharistie von der für die Feier konstitutiven Danksagung trennt.“

Osternacht: Wie viele Lesungen?

Egbert Ballhorn greift in seinem Beitrag die Frage nach den Lesungen der Osternacht auf. Wie schon gezeigt, klafft die Praxis hier enorm auseinander. Ballhorn indes plädiert für die Fülle an Lesungen, die diesem Gottesdienst so eigen ist: „Wird jedoch das Prinzip der Auswahl zu stark genutzt, sprich: Nur eine Minimalzahl von Lesungen gewählt, dann kann die Besonderheit der Feierform des Lesegottesdienstes sich nicht entfalten und der Wortgottesdienst wirkt wie der verlängerte Wortgottesdienst einer Sonntagsmesse.“ Aus einer Nacht des Wachens, in der das Heilshandeln Gottes aller Zeiten zur Sprache kommt und erlebbar wird, wird ein nur geringfügig längerer Wortgottesdienst, als man es gewohnt ist.

Praxis auf dem Prüfstand

Der Sammelband „Ostern feiern“ ist mehr als gelungen. Die empirischen Erhebungen ermöglichen einen Einblick in die Verschiedenheit der Osterfeiern in nur einem Dekanat, die einzelnen Beiträge gehen den verschiedenen Elementen des Ostertriduums auf den Grund. Wünschenswert wäre nur noch ein Beitrag zur Gestaltung der Lichtfeier am Beginn der Osternacht gewesen – die entscheidenden liturgischen Fragen der drei heiligen Tage indes werden breit und abwechslungsreich behandelt. Ein Plädoyer für die gelebte Feier der heiligen Tage!

Benjamin Leven / Martin Stuflesser (Hg.): Ostern feiern. Zwischen normativem Anspruch und lokaler Praxis (Theologie der Liturgie 4)
Pustet 2013, 374 Seiten, EUR 39,95

© der Bilder: Bögle;
Dietmar Rabich / Wikimedia Commons / „Dülmen, Heilig-Kreuz-Kirche, Kreuz — 2015 — 5182“ / CC BY-SA 4.0
By Distant Shores Media/Sweet Publishing, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=18888677

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