Von Benedikt Bögle
Im Allgemeinen gilt die Bibel nicht als kurzes oder dünnes Buch. Um auch in der modernen, durch soziale Medien immer mehr zur Verkürzung neigenden Welt dem Wort Gottes Geltung zu verschaffen, hat die Redaktion des Internetportals evangelisch.de eine Bibelausgabe der besonderen Art geschaffen: Die ganze Heilige Schrift ist in kurzen Texten zusammengefasst, jede dieser Zusammenfassungen zählt – an Twitter orientiert – nur 140 Zeichen. Mitmachen konnten alle, die wollten. Entstanden ist: „Und Gott chillte. Die Bibel in Kurznachrichten“, erschienen in der edition chrismon.
Man wird dem methodischen Ansatz Kritik entgegenhalten dürfen. Die Heilige Schrift ist eben nicht nur ein Nebeneinander von Texten, die durch Zusammenfassung gekürzt werden können. Einzelne biblische Bücher schlagen weite Bögen, innerhalb der ganzen Bibel gibt es mal mehr, mal weniger auffällige Querverweise. Kann dieser Charakter der Schrift noch zur Geltung kommen, wenn über 3.000 Menschen die Bibel gemeinsam in Twitter-Formate gießen? Wird das der Bibel überhaupt gerecht?

Und gleichzeitig kann das Buch doch als spannendes Experiment wirken. Was geschieht, wenn sich Menschen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher religiöser Ausprägung an die Bibel machen? Einige der Texte sind sprachlich eher nüchtern. Andere sprühen direkt von bemühter Jugendlichkeit, etwa wenn das Ende des ersten Schöfpungsberichtes so wiedergegeben wird: „Am siebten Tag war Gott fertig mit seinem Kreativ-Projekt, fand das Ergebnis genial und beschloss ab jetzt zu chillen!“ Theologisch nachgefragt: Fand Gott sein Ergebnis „genial“ oder doch eher „gut“, „sehr gut“? Und sollte Gott wirklich von da an „chillen“ – der biblische Begriff „ruhen“ im Kontext wird wohl anderes meinen – ließe sich die Geschichte mit seinem Volk Israel nur schwerlich erklären.
Fern dieser Fragen bleibt doch der Versuch zu würdigen, dem Wort des lebendigen Gottes in unserer Welt mit ihrer Sprache und ihren Ausdrucksformen einen Ort zu geben. Würde Jesus die sozialen Medien nutzen, lebte er heute? Die Frage ist viel bemüht, die Antwort hypothetisch. Und doch verleiht „Und Gott chillte“ Menschen eine Stimme, die ihre Heilige Schrift auch heute noch für bedeutsam halten. Man mag sich an einzelnen Formulierungen reiben – aber auch das kann ein schöner Prozess sein.
Und Gott chillte. Die Bibel in Kurznachrichten
edition chrismon, 4. Aufl. 2018, 332 Seiten, EUR 9,90